Ines Ines Häberlein 12. Oktober 2024

Wo sich die Arbeit nach den Bäumen richtet

Ein bisschen Most, ein bisschen Saft und ein bisschen Essig. Das hat man als Landwirt im Mühlviertel schon immer gemacht. Bei Familie Eder auf dem Pankrazhofer ist genau das die Profession.

Der Ort Tragwein im österreichischen Mühlviertel; zwischen Streuobstwiesen und sanften, grünen Hügeln liegt der Pankrazhofer. Große Kisten mit roten Äpfeln stehen im Hof. Die spätherbstliche Sonne bringt ihre Farbe zum Leuchten und ihr Duft steigt mir in die Nase.

Ein schöner Hof mit ein bisschen Landwirtschaft und Mutterkuhhaltung. Vor allem aber findet man hier viel Leidenschaft fürs Obst.

Seit wann gibt es den Pankrazhofer schon?

Das geht schon Jahrhunderte zurück. Pankrazhofer ist eigentlich der Hausname und den haben wir auch für unsere Produkte ausgesucht, weil er für uns einfach einzigartig ist.

Der Hof war ursprünglich rein für die Landwirtschaft ausgelegt und als dann 2002 Norberts Vater überraschend gestorben ist, mussten wir uns überlegen, wie es weitergehen soll. Zu dieser Zeit sind wir beide arbeiten gegangen und es war bis dahin nie Thema gewesen, die Landwirtschaft zu übernehmen. Wir mussten uns schnell entscheiden und haben dann gesehen, dass für den Alleinerwerb die Landwirtschaft zu klein ist. Aber dann doch zu groß, um nebenbei noch arbeiten zu gehen.

Also haben wir uns entschlossen, beide zu Hause zu bleiben, unsere Berufe aufzugeben und komplett neu anzufangen. Wir haben für uns einen ganz neuen Weg entdeckt.

Mein Mann hat die Ausbildung zum Mostsommelier gemacht, die gab es damals erst seit ganz kurzer Zeit in Österreich. Und das hat uns gleich einen riesigen Schritt nach vorne gebracht.

Von Anfang an haben wir auf hohe Qualität geachtet und bald schon mit Prämierungen begonnen.  So haben wir auf Foodmessen und Verkostungen Gold mit nach Hause genommen und  auch die goldene Krone und die goldene Birne konnten wir gewinnen.

 

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Das war für euch dann auch ein ganz neuer Bereich. Hattet ihr Vorkenntnisse im Bereich Marketing und Betriebswirtschaft?

Mein Mann ist Betriebswirt und er hat auch das Gespür und den Weitblick für den Markt, was gerade so gesucht ist und gut ankommt. Darum ist auch 2015 das mit dem Essig entstanden, weil er gesehen hat, der Markt ist da für echten Gärungsessig aus dem Mühlviertel, gerade im Bio-Bereich. Da haben wir eigentlich kaum Anbieter. Das kann Norbert wirklich sehr gut.

Könnt ihr feststellen, ob Regionalität für eure Kunden an Bedeutung gewinnt?

Ja. Es ist wieder mehr wert, was man zu Hause hat. Die Wertschätzung gegenüber Lebensmitteln ist wieder viel höher, das spürt man deutlich.

Die Lohnpressen beispielsweise, das kommt sehr gut an. Da kommen die Leute mit ihrem eigenen Obst und bekommen ihren eigenen Saft wieder mit nach Hause. Bald haben wir wieder unseren nächsten Lohnpresstag. Jeder bekommt eine feste Uhrzeit und mit hundert  Kilo ist man in fünfzehn Minuten fertig. Das ist das Schöne. Das wir  wieder vermehrt den Wert erkennen und unsere Kinder lernen, wie ein richtiger Saft schmeckt.

Wie vermarktet ihr euch? Gibt es Fragen dazu, wie ihr produziert?

Die Bioregion Mühlviertel hat schon lange eine Streuobstkultur. Das heisst, wir haben hier in der ganzen Gegend viele Äpfel-, und Birnenbäume. Deswegen wissen die Leute, wie wir produzieren. Sie wissen, dass sie ihr Obst zu uns bringen können,wir das abkaufen und vermarkten.

Die spezielle Kundenakquise lief dann ganz gut an, weil wir eigene Verköstigungen gemacht haben. Aber mit der Zeit kamen Interessenten direkt auf uns zu.

Dabei achten wir dann ganz genau darauf, wer das ist und ob das auch zu uns und unserem Konzept passt.  Es ist uns wichtig, dass wir zusammenpassen, denn nur dann kann die Idee funktionieren.

Es gibt in unserer Region außerdem auch ganz tolle Hotels, die am Frühstücksbuffet unsere Säfte servieren. Das hat einen ganz großen Stellenwert und wird von den Gästen sehr geschätzt. Die schmecken ja den Unterschied zu einem handelsüblichem Saft aus dem Supermarkt. Das merken sich die Gäste natürlich.

Dann kommt noch hinzu, dass es unsere Säfte auch nicht überall gibt, das macht viel aus.  Sobald du überall erhältlich bist, bist du auch nichts Besonderes mehr. Da muss man immer sehen, dass man auf der richtigen Linie bleibt. Ein Restaurant in Steier, beispielsweise, hat uns zu 100% auf der Karte. Da ist das dann schon eine Spezialität.

Im Moment sind wir mit Most und Saft gut ausgelastet und wir können die Nachfrage gut abdecken. Da wollen wir auch nicht mehr groß wachsen. Landwirtschaft ist eine Kreislaufwirtschaft und man kann nicht immer nur nehmen, ohne dem Boden etwas zurückzugeben. Deshalb kann man auch nur gewisse Mengen produzieren und sollte dieses Gleichgewicht einmal nicht mehr stimmen, dann ist man auch dem Kunden gegenüber nicht mehr glaubwürdig.

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Woher kommt die Leidenschaft fürs Obst?

Weil es immer eine Herausforderung ist, weil das Obst immer unterschiedlich daherkommt. Einmal sind es die Mengen, dann das Wetter oder der Zuckergehalt. Das alles ist nicht immer gleich. Es ist ein extrem spannender Bereich, weil kein Jahr dem anderen gleicht. Heuer hatten wir generell sehr wenig Birnen, aber von einer einzigen Sorte sehr viel.

Man darf nicht vergessen, wir haben hier Bäume, die sind jenseits der hundert Jahre alt, und ich glaube, die haben ihr Eigenleben. Das macht es spannend und ist der Leidenschaft sehr zuträglich. Wir müssen unsere Arbeit nach den Bäumen richten.

„Biobauer zu sein ist ein Lebenstil“ - was kann man sich darunter vorstellen?

In der Landwirtschaft kann man schon sagen, es gibt 2 Arten, die einen sind Landwirte, die anderen sind Biolandwirte. Grundsätzlich machen wir all dasselbe mit unserem Grund und Boden und unseren Tieren. Manche sagen, im Biobereich sei sehr viel zu verdienen, aber wenn ich das nur mache wegen dem Verdienst, dann ist das unpassend.

Wir haben Leinsamen angebaut, Dinkel, Einkorn, wirklich so alte Sachen, aber halt im Kleinen. Nur für uns und den Laden im Ort, wo ich meine Produkte vermarkten kann. Sollte die Ernte bei einer  Sorte jetzt nicht so gut ausfallen, habe ich immer noch andere Sorten, die einen besseren Ertrag bringen, und ich ausweichen kann. Dann ergänzt sich das wieder.

Natürlich hat nicht jeder einen Bauernladen im Ort, den er beliefern kann. Aber auf der anderen Seite heißt es immer, es gibt zu wenige Bauern, die ihre Produkte selbst vermarkten.

Die Strukturen sind oft sehr festgefahren. Da braucht man Leute, die Mut aufbringen und einfach was Neues ausprobieren. Und wenn das dann funktioniert, dann wollen die anderen mitmachen. Wir brauchen „Ausprobierer“ und ich zähle uns schon dazu zu den „Ausprobierern“ (lacht) .

Wir haben zum Beispiel dieses Jahr Quinoa angebaut. Alle haben gesagt, wir spinnen. Aber wir hatten Flächen zur Verfügung und warum denn nicht? Wenn ich es nicht versuche, dann weiß ich ja nicht, ob es funktioniert. Wir haben es ausprobiert und es hat funktioniert. Nur waren wir zeitlich etwas zu spät dran, aber da muss man halt auch einfach seine Erfahrungen machen. Wir werden es nächstes Jahr wieder anbauen, nur etwas früher im Jahr. Das sind so kleine Spielereien, da darf das Herzblut nicht fehlen.

Natürlich muss man auch davon leben können, ganz klar. Aber zwischen dem, ob ich davon gut leben kann oder mir Luxus leisten kann, weil ich glaube, ich brauche ihn, das ist für mich sehr relativ.

Meine eigenen Lebensmittel im Garten, die Karotten, den Salat, die Äpfel an den Bäumen, das Leben im Rhythmus der Natur, das ist mein Luxus.

Interview & Fotos: Ines Häberlein


Dreimalig - "Schon gewusst?":

Die Geschmacksrichtungen von Most kommen durch das Zusammenspiel von von Säure, Gerbstoffen und Restzucker zustande. Der niederösterreichische Verband der Mostbauern teilt in die Geschmacksrichtungen mild, halbmild, kräftig und resch ein.

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