Ines Ines Häberlein 19. April 2024

Gscheid bärig. Gscheid stoark. Und manchmal siebengscheid.

Im Gscheid.HAFERL in Bad Kötzting gibt’s richtig guten Kaffee aus der eigenen Rösterei.

Kaffee. Für den einen ein warmes Getränk, um wach zu werden, am besten schön stark. Für den anderen eine genussvolle Verheißung, die gekonnt zubereitet werden will. In Zeiten der Wegwerfgesellschaft und „Coffee to go“ ist das Gscheid.HAFERL eine wahre Oase, die Wert auf richtige Handmade-Qualität, Transparenz und Fairness legt.

Matthias und Manuela ist etwas gelungen, woran andere schon gedanklich scheitern. Sie haben ihre Leidenschaft zum Beruf gemacht und erfolgreich ihre Partnerschaft mit dem Geschäftlichen verbunden. Aber das Schönste daran ist: Sie sind glücklich und erfolgreich damit.

Wählen kann man aus verschiedenen Sorten. Ein echter Allrounder ist beispielsweise der „siebn gscheid“. Mit einem Augenzwinkern verspricht er, sogar den Intelligenzquotienten zu beeinflussen. Aber egal ob siebn gscheid, gscheid stoark, oder gscheid schwoarz, bei Matt und Manu bekommt man „einfach gscheidn Kaffee“.

Warum habt ihr angefangen, euren eigenen Kaffee zu rösten? Und wann war das?

Matt: Ganz einfach. Wir wollten guten Kaffee trinken. Bei uns hier im näheren Umkreis gab es leider keine Rösterei, wir mussten uns unseren Kaffee schicken lassen. Da dachte ich, warum nicht einfach selber rösten? Das war im Herbst 2015. Es hat nicht lang gedauert, dann stand auf meinem Schreibtisch ein kleiner 250g-Röster mit dem ich experimentiert habe. Das war's. Ich war angefixt und hatte auch schon ziemlich schnell ganz viele Ideen im Kopf. Bei Manu hat es länger gedauert. (lacht)

Manu: Ich dachte, das wäre einfach nur so eine Spinnerei, in die er sich da mal wieder vertieft. Matt ist so ein Typ, der sich in eine Sache total reinfuchsen kann. Wenn ihn etwas wirklich interessiert, ist er innerhalb kürzester Zeit auf einem so hohen Level, wofür andere wirklich Jahre brauchen. Aber wir haben auch sehr schnell gemerkt: Unser Kaffee, der ist richtig gut.

Matt: Ungefähr ein halbes Jahr später stand dann schon eine größere Röstmaschine mit zwei Kilogramm Fassungsvermögen bei uns in der Wohnung und die ersten Ideen für eine Marke standen im Raum. So entstand das Gscheid.HAFERL. Das wollten wir dann aber auch richtig machen, gscheid eben.

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Woher wusstet ihr, dass den Menschen euer Kaffee schmecken wird?

Manu: Jeden Freitag haben wir eine Art Wohnungsverkauf veranstaltet. So haben wir angefangen. Und ich weiß noch, am ersten Freitag, an dem wir das gestartet haben, da kam niemand, kein einziger. Wir hatten zwar Werbung in Social Media Netzwerken geschaltet, aber trotzdem kam einfach keiner. Beim nächsten Mal war jemand von der Kötztinger Umschau bei uns und hat einen kleinen Bericht geschrieben. Ab diesem Zeitpunkt ging's dann richtig los. Jeden Freitag war unsere Wohnung voll mit Gästen. Für uns war dieser Wohnungsverkauf genau das richtige, eine ganz wichtige Phase, weil wir auf diese Weise die Möglichkeit hatten einzuschätzen, wie unsere Ideen ankommen und wie vor allem unser Kaffee ankommt. Und der kam gut an und kommt immer noch gut an. (lacht)

Ihr habt dann das Gscheid.HAFERL anfangs nebenberuflich aufgebaut?

Matt: Ja, ganz am Anfang schon. Es war aber sehr bald klar, dass das so nicht funktionieren kann. Es war einfach zu viel Arbeit. Zu viele Dinge, an die wir nicht gedacht haben. Beispielsweise die Gestaltung der Etiketten, die gesetzlichen Vorschriften für eine Rösterei, die Steuer... Das war dann schon sehr viel für uns. Manu hatte zu dieser Zeit sogar noch einen Vollzeitjob und hat mir in ihrer freien Zeit mit dem Kaffee geholfen.

Manu: Ich musste mich dann auch entscheiden, entweder oder. Beides ging einfach nicht mehr. Das war definitiv zu viel. Einfach seinen Beruf aufgeben, um Kaffee zu rösten, ist sehr mutig. Matt: Ich war Mechatronikingenieur und dann im Vertrieb für Sondermaschinen. Mein letzter Arbeitstag war dann am 31.07.2016. Das war die Entscheidung, voll in die Rösterei einzusteigen. Natürlich war das auch nicht so ganz leicht. Ich hatte einen gut bezahlten Job und hatte dafür studiert. Das dann komplett aufzugeben und einfach was ganz anderes zu machen, war ein enormer Schritt.

Warst du unzufrieden mit deinem bisherigen Beruf oder warum hast du dich für den Kaffee entschieden?

Matt: Naja, anfangs mochte ich meine Arbeit schon, aber mit der Zeit wurde der Druck immer größer. Mittags mit China telefonieren und nachmittags mit Amerika. Ich habe mich gefragt, wo das mit mir hinführen soll? Ob mir das so noch gefällt? Es war kein angenehmes Arbeiten mehr. Meine Kollegen und unser Miteinander hingegen war wirklich super, keine Frage. Aber in der Industrie steht einfach das Geld im Vordergrund. Das ist so. Klar, ich habe mehr verdient damals. Aber der wichtige Unterschied ist, jetzt kommen Leute zu mir, die mir ins Gesicht strahlen und sagen: Hey, was du machst, ist spitze. Dein Kaffee ist einfach richtig gut.

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Konntet ihr die Kaffeemengen und den Arbeitsaufwand richtig einschätzen?

Matt: Man setzt sich Ziele, die man erreichen möchte. Und ich habe ganz gut kalkuliert. Allerdings sind wir einmal, im Dezember 2016, weit über unser Ziel hinausgeschossen. Wir hatten uns 100 kg Kaffee vorgenommen, weil ja auch das Weihnachtsgeschäft anstand. Letztendlich haben wir aber das achtfache geröstet und verkauft. Das Geschäft lief richtig gut und wir lernten dabei ein wenig die Licht- und Schattenseiten der Selbstständigkeit kennen. Es war für uns brutal anstrengend. Wir waren ja überhaupt nicht darauf vorbereitet und am Ende des Monats hatten wir zwar guten Umsatz, waren aber gleichzeitig total überarbeitet. An den Weihnachtsfeiertagen haben wir geschlafen und sind nur aufgestanden, um etwas zu essen.

Wie hast du die Akquise für größere Kunden gestaltet?

Matt: Hm, ich bin im Vertrieb gar nicht so aktiv. Ich bin da jetzt nicht ständig am Klingel putzen. (lacht) Meistens ergibt sich einfach eine Gelegenheit, bei der man ins Gespräch kommt und man merkt: Hey! Das passt zusammen. Da ist echtes Interesse an gutem Kaffee da. So war es beispielsweise mit Markus Fischer vom Adventure Camp Schnitzmühle. In den meisten Fällen kamen die Leute auf uns zu und hatten Interesse an uns. Da mussten wir gar nicht so viel dafür tun. Außer gscheidn Kaffee machen. (grinst) Ganz am Anfang, da habe ich schon bei dem ein oder anderen angefragt. Beim Liebl beispielsweise, einer Schnapsbrennerei und Whisky-Destillerie mit Verkauf hier in Kötzting. Die hatten gleich Interesse, da sie früher selbst auch Kaffee geröstet haben. Mir war schon klar, dass es meinen Kaffee an verschiedenen Standorten zu kaufen geben muss. Meine damals noch eingeschränkten Öffnungszeiten und das bisschen Werbung auf facebook würden nicht ausreichen, um davon leben zu können. Das würde sonst ein Schuss in den Ofen, das war mir klar.

Habt ihr einen Heimvorteil, weil ihr hier aufgewachsen seid?

Matt: Bestimmt, in der Stadt stelle ich mir das weitaus schwieriger vor. Hier kennen wir viele Leute und uns kennen viele. Der Florian vom Hotel „Zur Post“ hat mir zum Beispiel am Anfang ganz viel geholfen. Da konnte ich in einem Nebenraum der Küche meinen Kaffee rösten, bis ich meinen eigenen Röstladen fertig hatte. So war das auch für die Lebensmittelaufsichtsbehörde in Ordnung. Alle Kriterien waren erfüllt. Das war eine enorme Hilfe. Ich hätte es mir am Anfang gar nicht leisten können, einen großen Raum zu mieten, ohne zu wissen, ob meine Idee bei den Leuten überhaupt ankommt. So konnte ich mit kleinen Schritten und ohne großes Risiko meine Idee umsetzen. Ich glaube, wir sind hier einfach schon ein bisschen präsenter, konkurrenzloser als in der Stadt. Wir haben mehr Möglichkeiten zu improvisieren. Allein die Miete, die man für eine anständige Lage in der Stadt bezahlen muss. Wenn ich mir vorstelle, ich muss allein für die Miete ungefähr 2000 Kaffee im Monat machen, nur um die Miete zu bezahlen. Da setze ich mich lieber vor meinen Laden in die Sonne und lese Zeitung. (grinst)

 

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Was ist an eurem Produkt wichtig?

Manu: Wir wollen auf jeden Fall transparent sein, aber das ist in der Tat schwierig. Der Weg, den die Bohne nimmt, bis sie bei uns in der Maschine landet, ist wahnsinnig lang. Wir in der Rösterei, wir veredeln den Kaffee ja nur. Die Hauptarbeit ist der Anbau. Die Menschen, die den Kaffee anbauen, sollen gut davon leben können und auch keine Schäden davontragen, weil sie Pestizide spritzen müssen. Leider ist es so, wenn man sich auf Fair Trade- oder Bio-Siegel verlässt, wird man häufig getäuscht. Da steckt oft bei weitem nicht so viel Bio und fairer Handel im Produkt, wie der Verbraucher denkt. Das ist häufig nur Greenwashing. Wenn man sich aber ein wenig auskennt und sich im Einzelfall die Qualität ansieht, kann man schon viel mehr im Kaffee erkennen. Und es sollen schließlich alle etwas davon haben. Ich steuere das dann natürlich auch mit dem Preis. Aber wenn die Leute merken, und das tun sie, dass sie bei mir richtig guten Kaffee bekommen, dann wird auch ein anständiger Preis dafür bezahlt. Der wiederum stützt den Kaffeebauern in Peru.

Wie erlebt ihr eure Kunden? Wird nachgefragt, ob euer Kaffee fair trade oder bio ist?

Matt: Schon, es wird oft nachgefragt, woher der Kaffee kommt und wie er produziert wird. Das interessiert die Leute. Wir sind zwar nicht bio-zertifiziert, aber wir haben jemanden an der Hand, der uns im Einkauf der Rohbohnen berät. Er bereist die Anbaugebiete und macht sich vor Ort ein Bild von der Qualität des Kaffees. So können wir direkt einkaufen. Wie beispielsweise von der Direktimport-Rösterei Quijote aus Hamburg, die wir auch gut kennen. Wir haben aber auch Projekt-Kaffees, wie den Frauen-Kaffee. Das ist kein Bio- Kaffee, hat aber trotzdem eine tolle Qualität. Die Frauen organisieren sich selbst, sind unabhängig und können von ihrem Kaffeeanbau gut leben. Wenn ich den Kaffee zertifizieren lasse, dann betrifft das die komplette Produktionskette. Es kostet enorm viel Geld, was sich letztendlich auf den Endpreis auswirkt. Jedoch landet das Geld nicht, wie viele denken, beim Kaffeebauern. Viel davon schluckt die Zertifizierung und vor allem die aufwändige Bürokratie. Der Kunde wird also im Endeffekt getäuscht. Er hat zwar ein besseres Gewissen, aber verändert hat sich nichts. Wir setzen dagegen auf die Transparenz, soweit wir sie eben leisten können.

Habt ihr Pläne für die Zukunft?

Matt: Weltherrschaft? (Beide lachen)

Manu: Nein, quatsch. Matt möchte demnächst nach Brasilien und nach Kolumbien, um sich einfach selbst mal vor Ort umzusehen und neue Leute kennenzulernen. Mal sehen, was sich dann wieder Neues ergibt und wie es danach weitergeht. Wir sind soweit



Interview und Fotos: Ines Häberlein

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